„Grobe Unbilligkeit nach § 27 VersAusglG – Gütertrennungsvereinbarung“

 

 

Das Amtsgericht hatte die Ehe geschieden und festgestellt, dass ein Versorgungsausgleich nicht stattfindet.

 

In dem amtsgerichtlichen Urteil heißt es unter anderem:

 

„Vorliegend ist hierbei zu berücksichtigen, dass die versicherungspflichtig beschäftigte Antragstellerin und der überwiegend selbstständig tätige Antragsgegner durch notarielle Vereinbarung den gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft ausgeschlossen und den Güterstand der Gütertrennung vereinbart haben. Bis dahin etwa entstandene Zugewinnausgleichsansprüche für die Vergangenheit wurden ausgeschlossen.

 

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Hier aber sind die beteiligten Ehegatten durch die entsprechende Regelung zum Zugewinn in der notariellen Vereinbarung bewusst von der dem Halbteilungsgrundsatz zugrunde liegende Regelung abgewichen, dass das im Rahmen der Ehe Erwirtschaftete beim Scheitern derselben beiden hälftig zustehen soll. Der Umstand, dass die Antragstellerin während der Ehezeit einer versicherungspflichtigen Angestelltentätigkeit nachging und auf die daraus erwirtschaftete Altersversorgung angewiesen ist, der Antragsgegner hingegen aus freiem Entschluss seine Alterssicherung ausschließlich durch den Erwerb von Immobilienvermögen sicherzustellen beabsichtigte, welches aufgrund der Vereinbarung der Gütertrennung für den Zugewinnausgleich nicht zur Verfügung steht, lässt die Durchführung des Versorgungsausgleichs aus der Sicht des erkennenden Gerichts grob unbillig erscheinen (Familiengericht Weilburg, 22 F 1620/10 S).

 

Gegen diese Entscheidung hat der anwaltlich nicht vertretene Antragsgegner Anfang März 2013 Beschwerde beim Oberlandesgericht Frankfurt am Main eingelegt. Das Oberlandesgericht hat am 04.05.2016 –also nach Ablauf von mehr als drei Jahren- durch Beschluss entschieden (1 UF 107/13).

 

Aufgrund zwischenzeitlich geänderter Verhältnisse bei dem Antragsgegner konnte es feststellen:

 

Im Zeitraum 1998 bis 2008 erwarb der Antragsgegner insgesamt 14 Mietimmobilien, die alle vollständig fremdfinanziert waren, als Steuersparmodell, die er selber betreute und verwaltete. Die Immobilien sollten als Altersvorsorge dienen, ebenso wie eine Kapitallebensversicherung, die jedoch noch während bestehender Ehe aufgelöst wurde. Aus der vom Antragsgegner als Anlage zu Protokoll in erster Instanz gereichten und unwidersprochen gebliebenen Übersicht über seinen Grundbesitz ergibt sich, dass fast alle Immobilien unter Zwangsverwaltung standen und durch Kredite finanziert waren. Aus den vorgelegten Gutachten über die Immobilienwerte ergeben sich geringere Werte als die auf den jeweiligen Grundstücken lastenden Verbindlichkeiten. Durch Beschluss des Amtsgerichts Limburg, wurde am … über das Vermögen des Antragsgegners das Insolvenzverfahren eröffnet. Aus dem vom Antragsgegner vorgelegten Gutachten zum Insolvenzverfahren ergibt sich, dass die Banken, welche die Mietimmobilien vollständig finanziert hatten, im Jahre 2010 ihre Forderungen, die sich insgesamt auf ca. zwei Millionen Euro beliefen, fällig stellten. Eine Übersicht der Aktiva/Passiva weist ein voll belastetes, unbewegliches Vermögen mit einem Wert von 889.200,00 € aus. Das Gutachten kommt zu dem Schluss, dass eine freie Masse nicht vorhanden sei.

 

Daraus folgert das Oberlandesgericht: „Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts liegen die Voraussetzungen des § 27 VersAusglG nicht vor“.

 

Und weiter:

 

„Diese Voraussetzung hat das Amtsgericht angenommen, dem kann jedoch nicht gefolgt werden. Der Antragsgegner hat jedenfalls im Beschwerdeverfahren lückenlos zur Überzeugung des Senats nachgewiesen, dass er kein Vermögen hat, welches ihn im Alter absichert. Die von ihm in den Jahren 1998 bis 2008 erworbenen Immobilien waren vollständig fremdfinanziert und die Verkehrswerte waren geringer als die hierauf lastenden Darlehnsverbindlichkeiten. Die Immobilien sind mittlerweile zum größten Teil zwangsversteigert oder aber stehen unter Zwangsverwaltung. Über weiteres Vermögen verfügt der Antragsgegner nicht. Dies ergibt sich zur Überzeugung des Senats aus dem für das Insolvenzverfahren erstellten Gutachtes des … sowie aus den, vom Antragsgegner im Beschwerdeverfahren laufend aktualisierten Grundbesitzaufstellungen und vorgelegten Gutachten. Hiernach besteht die zu erwartende Altersvorsorge des Antragsgegners allein aus den von ihm erworbenen und zu erwartenden Anrechten in der gesetzlichen Rentenversicherung. Auch der Umstand, dass die Antragstellerin selbst über keine hohen Anwartschaften verfügt, begründet nicht das Vorliegen der Voraussetzung des § 27 VersAusglG. So greift § 27 VersAusglG selbst dann nicht ein, wenn der insgesamt ausgleichsberechtigte Ehegatte weiterhin bedürftig bleibt und der ausgleichspflichtige Ehegatte durch den Versorgungsausgleich zum Sozialfall wird“ (OLG Braunschweig FF 2013, 246).

 

Und weiter:

 

„Schließlich ist auch grundsätzlich unerheblich, in welchem Güterstand die Ehegatten gelebt haben; jedenfalls ist die Vereinbarung der Gütertrennung mit Blick auf die o. g. Ausführungen kein Grund dafür, den Versorgungsausgleich auszuschließen (vgl. auch BGH FamRZ 2005, 1238, 1239).

 

Das Oberlandesgericht hat im Hinblick auf die unterschiedlichen Auffassungen in der Rechtsprechung zur Frage, ob Anwaltszwang für die Einlegung einer Beschwerde gegen den Ausspruch zum Versorgungsausgleich in einer Scheidungsverbundentscheidung besteht, die Rechtsbeschwerde zugelassen.

 

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